Auto mit Moral

In einem ganzseitigen Artikel über selbstständig fahrende Autos mit dem Titel „Auto mit Moral“ stellt der Autor, Michael Baumann, promovierter Wissenschaftler an der ZHAW, die Einschätzungen von zwei Experten gegenüber. Oliver Bendel, Informations- und Maschinenethiker von der Hochschule für Wirtschaft FHNW, hat nichts gegen Autos dieser Art. Er will ihnen aber bestimmte Zonen zuweisen, etwa umfunktionierte Standstreifen auf der Autobahn, und bestimmte Uhrzeiten, etwa die Stunden der Nacht. Zudem hält er eine Geschwindigkeitsbegrenzung für notwendig. Frank M. Rinderknecht, Gründer und CEO der Autokonzeptschmiede Rinspeed, will die Autos immer und überall sehen. Die Einstellung der Gesellschaft ihnen gegenüber müsse sich ändern. Die Gesellschaft ist auch für Oliver Bendel zentral. Er geht im Moment davon aus, dass sie maschinelle Entscheidungen über Leben und Tod von menschlichen Verkehrsteilnehmern kaum hinnehmen wird. Als Maschinenethiker ist er an solchen Entscheidungen durchaus interessiert. Allerdings konzentriert er sich in seiner Forschung auf das Tierwohl. Dabei sind ebenfalls moralische Urteile relevant; nur sind die Risiken bei der Umsetzung viel geringer und die Chancen offensichtlicher. Der Artikel ist am 17. Mai 2015 in der Wochenzeitung Schweiz am Sonntag erschienen und als PDF verfügbar.

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Abb.: Was soll das Auto tun?

Robot Cars from the Fifties

Im Sommer 2013 wurde der Artikel „Asimovs Automatobile: Selbstständig fahrende Autos in Fiktion und Realität und als Gegenstand der Maschinenethik“ von Oliver Bendel in der Online-Zeitschrift Telepolis (über http://www.heise.de/tp/artikel/39/39728/1.html) veröffentlicht. Er nimmt Bezug auf einen anderen Artikel, der 2012 mitsamt einer Geschichte um den New Autonomous Car (NAC) erschienen war, und auf einen Konferenzbeitrag aus dem selben Jahr (Abstract über http://pacita.strast.cz/en/conference/documents). Unter dem Titel „Robot Cars from the Fifties“ wurde der Artikel nun gekürzt, ergänzt und in englischer Sprache zur Verfügung gestellt. Der Teaser deutet an, worum es im Kern geht: „In his short story ‚Sally‘ from 1953, Isaac Asimov envisioned the functions, chances and risks of unmanned, self-driving cars. Now, advanced driver assistance systems increasingly take over actions from the driver, and fully autonomous prototypes seek to become an everyday feature on our roads. Asimov’s story already confronts the reader with some problems discussed in machine ethics today.“ Den englischen Artikel kann man über gbs-schweiz.org/blog/robot-cars-from-the-fifties/ aufrufen.

Brauchen Maschinen eine Moral?

Brauchen Maschinen eine Moral? Zu diesem Thema führte der Hessische Rundfunk am 23. April 2015 ein Interview mit dem Maschinenethiker und Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel. Gesprochen wurde im Studio in Zürich (SRF) bzw. Frankfurt über selbstständig fahrende Autos, aber auch über tierfreundliche Staubsauger. Moralisieren – so der Sprachgebrauch des Vertreters der relativ neuen Disziplin – kann man unterschiedliche Maschinen. Insbesondere einfache sind geeignet, und aus ihnen kann man einfache moralische Maschinen machen. Sie werden sozusagen etwas klüger und etwas besser auch im moralischen Sinne. Oliver Bendel ist in seiner Forschung bereits ganz konkret und praktisch geworden. Er hat annotierte Entscheidungsbäume entwickelt und stellt diese im Herbst 2015 auf einer Wirtschaftsinformatikkonferenz in Luzern vor. Der Beitrag im Hessischen Rundfunk wird voraussichtlich im September 2015 ausgestrahlt. Weitere Informationen folgen.

Entscheidungsbäume für moralische Maschinen

Immer mehr teilautonome und autonome Maschinen müssen Entscheidungen treffen, die moralische Implikationen haben. Die Maschinenethik, die als Pendant zur Menschenethik aufgefasst werden kann, untersucht Möglichkeiten und Grenzen moralischer Maschinen. Oliver Bendel hat seit 2014 diverse Designstudien erarbeitet und damit Vorschläge für Aussehen und Funktionen unterbreitet. Noch wenig benutzt werden Entscheidungsbäume zur Konzeption von moralischen Maschinen. Ein neuer Beitrag von Oliver Bendel konzentriert sich auf einfache moralische Maschinen, die tierfreundlich sein sollen, und es wird für jede ausgewählte Aufgabe ein annotierter Entscheidungsbaum modelliert. Beispielsweise wird dargestellt, welche Bremsungen ein Roboterauto für wen durchführen soll. Der Beitrag erscheint nach endgültiger Annahme durch den Arbeitskreis Wirtschaftsinformatik (AKWI) im Herbst dieses Jahres. Tagungs- und Erscheinungsort ist Luzern.

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Abb.: Kein Entscheidungsbaum

Die intelligenten Roboter kommen

„Das Internet verändert viele Bereiche des täglichen Lebens radikal. Vor einem fundamentalen Wandel stehen auch die Fabriken. Massenproduktion war gestern. In der Fabrik der Zukunft wird sich vieles um personalisierte Produkte drehen.“ Mit diesen Worten beginnt ein Artikel von Philipp Bürkler mit dem Titel „Die intelligenten Roboter kommen“, der bereits am 20. Februar 2015 im St. Galler Tagblatt, im Toggenburger Tagblatt und in der Appenzeller Zeitung erschienen ist. Es geht um die Robotik im 21. Jahrhundert und die Industrie 4.0. „Die Zahl 4.0 deutet auf die vierte industrielle Revolution, die jetzt die Fabriken erfasst.“ (Tagblatt, 20. Februar 2015) Zitiert werden Aussagen von Joachim Seidelmann, Wissenschaftler beim Fraunhofer IPA, Ian Roberts, Technologiechef bei Bühler, und von Oliver Bendel. Seine Ausführungen werden mit den Sätzen eingeleitet: „Etwas kritischer beobachtet die Entwicklung der deutsche Maschinenethiker Oliver Bendel. Er doziert in Olten an der Fachhochschule Nordwestschweiz.“ Er anerkennt die faszinierenden Fortschritte und Möglichkeiten, beklagt aber den drohenden Verlust von handwerklichen Fähigkeiten. Auch Arbeitsplätze sind nach seiner Meinung bedroht; zwar kann es zunächst zu einer Zunahme von Beschäftigung kommen, aber mittel- und langfristig drohen Gefahren, erst für die Arbeiter, dann auch für die Manager und Informatiker. Der Artikel kann über www.tagblatt.ch aufgerufen werden.

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Abb.: Ein intelligenter Roboter

Autonomes Fahren

Bei Springer ist im Frühjahr 2015 der Herausgeberband „Autonomes Fahren: Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte“ erschienen. Folgende Fragen werden aufgeworfen: „Ist das voll automatisierte, autonom fahrende Auto zum Greifen nah? … Wie werden autonome Fahrzeuge in das aktuelle Verkehrssystem integriert? Wie erfolgt ihre rechtliche Einbettung? Welche Risiken bestehen und wie wird mit diesen umgegangen? Und welche Akzeptanz seitens der Gesellschaft sowie des Marktes kann hinsichtlich dieser Entwicklungen überhaupt erwartet werden?“ (Info auf springer.com) Experten aus Deutschland und den USA „beschreiben aus ingenieur- und gesellschaftswissenschaftlicher Sicht zentrale Themen im Zusammenhang mit der Automatisierung von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr“ und versuchen aufzuzeigen, welche Entscheidungen einem autonomen Fahrzeug abverlangt werden bzw. welche Moral programmiert werden muss. Gefördert wurde die Publikation durch die Daimler und Benz Stiftung. Das breite Themenspektrum gefällt. Es fällt auf, dass in den Beiträgen zentrale Begriffe wie „Maschinenethik“ und „Moralische Maschinen“ fehlen (die in den Literaturangaben vorkommen) und dass man auf diesen Gebieten tätige Wissenschaftler aus der Schweiz und aus Österreich nicht einbezogen hat; zudem sind führende Experten aus Informatik, Robotik und Rechtswissenschaft nicht dabei, etwa Raúl Rojas (Berlin) und Eric Hilgendorf (Würzburg), die sich seit Jahren mit dem autonomen Fahren beschäftigen. Das Buch kann über http://www.springer.com/de/book/9783662458532 heruntergeladen werden.

Smart Cars made in Switzerland

„Die Schweiz kann wieder eine bedeutende Rolle im Automobilbau und in der Zulieferindustrie spielen. Es braucht nur die richtigen Weichenstellungen. Die Bahn wird nicht aufs Abstellgleis geraten, sondern kann sogar Synergien schaffen.“ Um diese scheinbar gewagte These zu begründen, holt Oliver Bendel in seinem Artikel „Made in Switzerland: Smart Cars“ ein bisschen aus. Er erzählt die Geschichte des Automobils in der Eidgenossenschaft, erklärt im Detail, was autonome Autos sind, und kommt dann zur Sache. „Was spricht dafür, dass die Schweiz in diesem boomenden Markt der Car IT, der Assistenzsysteme und der autonomen Autos eine Chance hat? Dass sie mitspielt, sozusagen mitfährt, im Mittelfeld oder an der Spitze?“ Mehrere Argumente werden genannt, und am Ende wird klar, dass es wirklich sein könnte, wenn man nur wollte, wenn Einrichtungen und Personen einmal über den Tellerrand hinausschauen würden, wenn sie einmal visionär wären, dann … Der Beitrag ist im Mai 2015 in der UnternehmerZeitung erschienen und kann hier als PDF heruntergeladen werden.

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Abb.: Made in Switzerland

IT 2020

Das Swiss ICT Symposium ist laut eigenen Angaben seit „35 Jahren der Treff von IT-Entscheidern und Managern mit persönlichem Austausch im exklusiven Kreise“ (Website swissict.ch). Weiter heißt es: „Ein einzigartiger Mix von Referenten aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft bietet Inspiration und Know-how.“ Bei der aktuellen Durchführung geht es um technische und wirtschaftliche Innovationen, u.a. um den digitalisierten Kunden, das Internet der Dinge, die Maschine-Maschine-Kommunikation, um Cloud Computing und Big Data. Keynote-Speaker sind Sascha Lobo und Sven Gabor Janszky. Eines der 12 Kurzreferate wird Oliver Bendel (Hochschule für Wirtschaft FHNW) halten, zu sozialer Robotik und Maschinenethik. Die Veranstaltung findet am 11. und 12. November 2015 im Kultur- und Kongresszentrum Luzern statt. Die Anmeldung ist über www.swissict.ch möglich.

Abb.: Eine digitalisierte Kundin?

Autonome Autos und Ethik

Im Folgenden eine Zusammenstellung von Beiträgen zu Fahrerassistenzsystemen und autonomen Autos aus Sicht der Maschinenethik und der Ethik im Allgemeinen. Die meisten sind online verfügbar. Ein Schwerpunkt sind automatische Bremsungen für Tiere und Menschen.

Bendel, Oliver. Die Parkbucht des Karneades: Viereinhalb Dilemmata der Robotik. In: inside-it.ch, 17. März 2015. Über http://www.inside-it.ch/articles/39531.

Bendel, Oliver. Die Maschinenstürmer des Informationszeitalters. In: ICTkommunikation (Online-Ausgabe), 5. März 2015. Über https://ictk.ch/inhalt/die-maschinenst%C3%BCrmer-des-informationszeitalters.

Bendel, Oliver. Überlegungen zur Disziplin der Tier-Maschine-Interaktion. In: gbs-schweiz.org, 14. Februar 2015. Über http://gbs-schweiz.org/blog/ueberlegungen-zur-disziplin-der-tier-maschine-interaktion/.

Bendel, Oliver. Neun Thesen zu autonomen Autos. In: ICTkommunikation (Online-Ausgabe), 6. Februar 2015. Über https://ictk.ch/inhalt/neun-thesen-zu-autonomen-autos.

Bendel, Oliver. Selbstständig fahrende Autos. Beitrag für das Gabler Wirtschaftslexikon. Gabler/Springer, Wiesbaden 2015. Über http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/selbststaendig-fahrende-autos.html.

Bendel, Oliver. Advanced Driver Assistance Systems and Animals. In: Künstliche Intelligenz, Volume 28, Issue 4 (2014). S. 263 – 269.

Bendel, Oliver. Wirtschaftliche und technische Implikationen der Maschinenethik. In: Die Betriebswirtschaft, 4/2014. S. 237 – 248.

Bendel, Oliver. Towards Machine Ethics. In: Technology Assessment and Policy Areas of Great Transitions. 1st PACITA Project Conference, March 13 – 15, 2013. Prague, Czech Republic. S. 321 – 326. Auch als PDF erhältlich.

Bendel, Oliver. Für wen bremst das Roboterauto? In: Computerworld.ch, 16. Mai 2014. Über http://www.computerworld.ch/marktanalysen/studien-analysen/artikel/.

Bendel, Oliver. Fahrerassistenzsysteme aus ethischer Sicht. In: Zeitschrift für Verkehrssicherheit, 2/2014. S. 108 – 110.

Bendel, Oliver. Fahrerassistenzsystem. Beitrag für das Gabler Wirtschaftslexikon. Gabler/Springer, Wiesbaden 2014. Über http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/fahrerassistenzsystem.html.

Bendel, Oliver. Das Tier als Objekt der Moral der Maschine: Zum Verhältnis von Tier- und Maschinenethik. In: Telepolis, 2. Januar 2014. Über http://www.heise.de/tp/artikel/40/40684/.

Bendel, Oliver. Considerations about the Relationship between Animal and Machine Ethics. In: AI & SOCIETY, Dezember 2013 („Online-First“-Artikel auf SpringerLink).

Bendel, Oliver. Ich bremse auch für Tiere: Überlegungen zu einfachen moralischen Maschinen. In: inside-it.ch, 4. Dezember 2013. Über http://www.inside-it.ch/articles/34646.

Bendel, Oliver. Buridans Robot: Überlegungen zu maschinellen Dilemmata. In: Telepolis, 20. November 2013. Über http://www.heise.de/tp/artikel/40/40328/1.html.

Bendel, Oliver. Einfache moralische Maschinen. In: KMU Business World, 30. August 2013. Über http://www.kmu-businessworld.ch/de/content/einfache-moralische-maschinen.

Bendel, Oliver. Asimovs Automatobile: Selbstständig fahrende Autos in Fiktion und Realität und als Gegenstand der Maschinenethik. In: Telepolis, 27. August 2013. Über http://www.heise.de/tp/artikel/39/39728/1.html.

Bendel, Oliver. Über gute und böse Maschinen: Möglichkeiten und Grenzen der Maschinenethik. In: ICTkommunikation, 5/2013. S. 28 – 30. Auch als PDF erhältlich.

Bendel, Oliver. Die Moral der Maschinen: Überlegungen zur Maschinenethik. In: inside-it.ch, 24. Oktober 2012. Über http://www.inside-it.ch/articles/30517.

Bendel, Oliver. Maschinenethik. Beitrag für das Gabler Wirtschaftslexikon. Gabler/Springer, Wiesbaden 2012. Über http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/maschinenethik.html.

Beuth, Patrick. Wenn Software über Leben und Tod entscheidet. In: ZEIT ONLINE, 13. Mai 2014. Über http://www.zeit.de/digital/internet/2014-05/unfall-fahrerlose-autos-ethik.

Büchel, Stephanie. Wie viel Moral braucht eine Maschine? In: Liewo, 2. Juni 2013. S. 12. Auch als PDF erhältlich (mit freundlicher Genehmigung der Autorin).

Hevelke, Alexander; Nida-Rümelin, Julian. Responsibility for Crashes of Autonomous Vehicles: An Ethical Analysis. In: Science and Engineering Ethics, 11. Juni 2014.

Holzer, Holger. Das Autonomie-Dilemma: Wenn Maschinen über Menschenleben entscheiden. In: Focus, 28. Januar 2015. Über http://www.focus.de/auto/news/wenn-maschinen-ueber-menschenleben-entscheiden-das-autonomie-dilemma_id_4437354.html.

Kaeser, Eduard. Das „moralische“ Auto. In: NZZ.ch, 17. April 2014. Über http://www.nzz.ch/wissenschaft/uebersicht/das-moralische-auto-1.18284699.

Mertens, Frank. Kind oder Rentner: Für wen bremst das Roboterauto? In: Autogazette, 1. April 2015. Über http://www.autogazette.de/daimler/ethik/autonom/kind-oder-rentner-fuer-wen-bremst-das-roboterauto-512035.html.

Nüesch, Danja. Das Zähmen der Maschinen. In: Schweizer Radio und Fernsehen SRF, 17. November 2014. Über http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/das-zaehmen-der-maschinen.

Rauch, Christian. Cloud am Steuer. In: GDI Impuls, 2/2014. S. 40 – 45. Auch als PDF erhältlich (mit freundlicher Genehmigung des Autors).

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Abb.: Ein modernes Auto

Moral und Maschine

In einem Artikel in der Welt am Sonntag (Sonderausgabe Industrie 4.0) finden sich Aussagen von Oliver Bendel zu moralischen Maschinen. Vorausgegangen war ein intensiver Austausch mit dem Redakteur Jürgen Bröker. Die Industrie und manche Wissenschaftler wollen nach Meinung von Bendel möglichst viele Roboter und Maschinen bauen und verkaufen, möglichst viele teilautonome und autonome Systeme, die selbstständig handeln. In einigen Bereichen sei das tatsächlich sinnvoll, etwa wenn etwas für Menschen zu gefährlich, zu zeitraubend oder zu aufwändig und zugleich eine gewisse Urteilskraft vonnöten wäre. In der intelligenten Fabrik nehmen Roboter dem Menschen anstrengende Tätigkeiten ab und arbeiten mit ihm Hand in Hand. Das ist u.a. ein Thema der sozialen Robotik. Bedauerlicherweise werden die Roboter auch Menschen ersetzen. In der Industrie 4.0 braucht es kaum noch Arbeiter. Im Militär erträumt man sich Drohnen und Kampfroboter, die selbstständig technische und menschliche Ziele identifizieren und eliminieren. Die Drohnen müssen dabei sehr komplexe moralische Entscheidungen treffen. Bendel ist nicht in der militärischen Forschung tätig. Und er wehrt sich gegen eine massenhafte Ausbreitung der Maschinen. Wenn man eine gewisse Anzahl in übersichtliche Situationen entlässt und sie besser im doppelten Sinne macht, findet er das nicht schlecht. Er fordert einfache moralische Maschinen. Komplexe moralische Maschinen wie Roboterautos, die im Straßenverkehr selbstständig entscheiden, ob sie die Frau, den Mann oder die Gruppe spielender Kinder töten sollen, wenn die Bremsen versagen und keine Ausweichmöglichkeit mehr besteht, seien keine gute Idee. Manche Industrievertreter möchten aber genau das haben, hochgetunte Maschinen mit einer komplexen Moral. Der Forscher glaubt, dass die Gesellschaft das nicht akzeptieren wird. Der Artikel mit dem Titel „Moral und Maschine“ ist am 12. April 2015 erschienen. Zusätzlich zur Papierversion gibt es eine Online-Version mit dem Titel „Wie viel Moral muss eine Maschine haben?“.

 

Auto, Motor, Spaß

Lustiges und Ernstes war beim Auto-Motor-Sport-Kongress 2015 in Stuttgart zu vernehmen. Winfried Hermann, seines Zeichens Verkehrsminister in Baden-Württemberg, sorgte sich um sein bestes Stück: „Autonomes Fahren ist die Entmannung des deutschen Autofahrers“, sagte der grüne Politiker laut der Süddeutschen Zeitung vom 11. April 2015. Rafael Capurro, Informationsethiker, begab sich auf das Gebiet der Maschinenethik und ging auf die Moral des Autos ein, oder genauer auf die des Menschen, die auf sein bestes Stück übertragen wird. Er bemerkte laut auto-motor-sport.de, man könne die Philosophie „Ich bremse auch für Tiere“ in solch ein System einbetten. Wer sich für Fahrerassistenzsysteme und Roboterautos nicht nur mit Blick auf Menschen interessiert, sei u.a. auf die Artikel „Das Tier als Objekt der Moral der Maschine“ (Telepolis, 2014), „Fahrerassistenzsysteme aus ethischer Sicht“ (Zeitschrift für Verkehrssicherheit, 2013) und „Considerations about the Relationship between Animal and Machine Ethics“ (AI & SOCIETY) von Oliver Bendel verwiesen. Und natürlich auf seinen Beitrag „Ich bremse auch für Tiere: Überlegungen zu einfachen moralischen Maschinen“ von 2013, erschienen in der Schweizer Zeitschrift inside-it.ch.

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Abb.: Friede und Liebe den Tieren

Drohnen, Roboter, Avatare

Die Ideen- und Entwicklungsgeschichte ist reich an künstlichen Kreaturen. In Mythos und Fiktion sind Talos und Pandora zu verorten, die Geschöpfe des Gottes der Schmiede, als Hephaistos bekannt, die Automatenmenschen des Daidalos, die Skulptur des Pygmalion, berühmt geworden als Galatea, die eiserne Jungfrau des Nabis; die Puppe Olimpia aus Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“, der Homunculus aus Goethes „Faust“, Handygirl aus der gleichnamigen Handyromanserie von Oliver Bendel; die künstliche Maria aus „Metropolis“, die Replikanten aus „Blade Runner“. Die Realität war zunächst verbunden mit der Illusion. Von ca. 1500 bis 1850 wurden tier- und menschenähnliche Automaten erdacht bzw. vorgeführt. Dann, nach weiteren 150 Jahren, plötzlich die Realität ohne doppelten Boden: Es werden Roboter erschaffen, die den Menschen nicht nur zum Verwechseln ähnlich sehen, sondern auch selbstständig Entscheidungen mit sozialen und moralischen Implikationen treffen. Sie werden von sozialer Robotik und Maschinenethik gezähmt, dressiert und zivilisiert. Oliver Bendel macht am 21. April 2015 am Deutschen Seminar der Universität Zürich deutlich, dass manche Chatbots, Serviceroboter und Fotodrohnen die falsche Entscheidung treffen werden. Oder eine Entscheidung, die interessengeleitet ist. Roboterautos, die Kinder schonen und Rentner umfahren, werden seiner Ansicht nach für Diskussionen sorgen. Der Vortrag findet von 10.15 bis 12.00 Uhr im Rahmen der Vorlesung „Angewandte Linguistik“ von Prof. Dr. Christa Dürscheid statt (Schönberggasse 9, 8001 Zürich, Raum SOD-1-101) und trägt den Titel „Drohnen, Roboter, Avatare. Künstliche Wesen zwischen Ethik und Ästhetik“.

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Abb.: Mädchen beim Lesen

Professur für Maschinenethik et al.

Die Universität Hamburg schreibt eine W3-Universitätsprofessur für Ethik in der Informationstechnologie aus. „Die Professur soll in interdisziplinäre Zusammenhänge in Forschung und Lehre an der Universität Hamburg eingebunden werden. Insbesondere wird eine Kooperation mit der zeitgleich am Fachbereich Philosophie ausgeschriebenen Professur für Ethik in Kultur und Gesellschaft sowie mit dem Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität erwartet.“ (Ausschreibungstext der Uni Hamburg) Besonders interessant ist, dass nicht nur die Informationsethik, sondern auch die Maschinenethik abgedeckt werden soll. Man unterscheidet in der Ausschreibung u.a. „Gestaltungsethik: nachhaltige gesellschaftsverträgliche Technikgestaltung, Robotik, smarte Technologien, Automatisierung und Arbeit, Virtualisierung von Gütern“ und „Informations- und Kommunikationsethik: Auswirkungen der Digitalisierung, informationelle Selbstbestimmung, informationsbasierte Individualisierung und Diskriminierung, technische Aspekte geistigen Eigentums und damit zusammenhängende Veränderungsprozesse“ (Ausschreibungstext der Uni Hamburg). Bewerbungen werden bis zum 14. Mai 2015 per E-Mail oder Snail-Mail erbeten. Für nähere Auskünfte steht Prof. Dr. Hannes Federrath zur Verfügung. Weitere Informationen sind über die Website der Universität Hamburg (Rubrik Stellenangebote) verfügbar.

Daimler entdeckt die Maschinenethik

Im Jahre 2013 hielt man sich bei Daimler noch sehr bedeckt. Die Abteilung Research & Development, Center Vehicle Concepts and Future Trends, Society and Technology Research Group, informierte auf Anfrage: „Unser Nachtsichtsystem ist ein rein informierendes System. Bremsungen auf vom Nachtsystem detektierte Objekte werden nicht eingeleitet.“ (E-Mail vom 8. August 2013) Man kann mit dem Gesamtsystem in der Dunkelheit sowohl Menschen als auch Tiere identifizieren. Eine automatische Notbremsung liegt nahe. Inzwischen hat der Konzern die Maschinenethik entdeckt. „Recht und Ethik im Fokus bei Daimler“ lautet der Titel eines Artikels, der am 1. April 2015 in der elektroniknet.de erschienen ist. Darin heißt es: „Im Herbst veranstaltet Daimler erstmals eine Fachkonferenz zu ‚Autonomes Fahren, Recht und Ethik‘. Ziel der Konferenz ist es, den Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und NGOs weiterzuführen. Die Keynote wird Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin halten, Professor für Philosophie an der LMU München … Er arbeitet unter anderem an Fragen der Roboter- und Maschinenethik.“ Es zeichnet sich ab, dass Daimler eine extreme Position in der Diskussion einnimmt und dem Auto weitgehende Entscheidungsmöglichkeiten einräumt. Die Gesellschaft muss die Diskussion gut informiert und sehr intensiv führen und darf mobilitätsfreundlich und wirtschaftskritisch zugleich sein.

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Abb.: Logo von 1902 (Quelle: commons.wikimedia.org)

Medical and Care Robots

„There is a fundamental transformation in the field of health care: operation robots, therapy robots, care robots and sex robots, which can be characterized as medical and care robots (MCR), become more and more indispensable.“ Mit diesen Worten hebt ein Beitrag zu Operations-, Pflege-, Therapie- und Sexrobotern an, der am 5. März 2015 auf der Plattform der Giordano-Bruno-Stiftung Schweiz veröffentlicht wurde. Weiter heißt es: „This contribution is committed to the findings of machine ethics and raises some thoughts for the development and design of moral MCR, with a focus on actions and appearance, as well as on the (natural) language skills. Using the literature and own research and considerations, appropriate meta-rules are being established, and central problem areas are identified without making concrete technical and design specifications. The problem descriptions allow robotics experts, computer scientists and designers to take into account social and moral aspects and to improve the MCR from an ethical perspective.“ Der Artikel von Oliver Bendel mit dem Titel „Reflections on the Development and the Design of Medical and Care Robots“ kann über gbs-schweiz.org abgerufen werden.

Abb.: Nur ein Spielzeug, aber auch nett

Viereinhalb Dilemmata der Robotik

„Die Parkbucht des Karneades“ lautet der Titel eines Beitrags von Oliver Bendel, erschienen am 17. März 2015 in der Zeitschrift inside-it.ch. „Viereinhalb Dilemmata der Robotik“, so der Untertitel, werden erfunden, auf der Grundlage klassischer Gedankenexperimente. Buridans Esel verwandelt sich in Buridans Robot, wie schon in einem früheren Artikel aus Telepolis. Das Trolley-Problem und das Fetter-Mann-Problem sind in der heutigen Zeit bzw. in der nahen Zukunft das Roboterauto-Problem. Das Brett des Karneades wird zur Rettung verheißenden Parkbucht, in die zwei Roboterautos gelangen wollen. Pech für sie, dass nur eines von ihnen Platz hat. Gegen Ende des Artikels heißt es: „Weitere Dilemmata warten darauf, ins 21. Jahrhundert transportiert zu werden, in die Welt der Softwareagenten und Serviceroboter, der militärischen Drohnen und autonomen Autos. Sie dürfen dem Werk antiker und moderner Philosophen entnommen werden sowie dem der Science-Fiction-Autoren, von Isaac Asimov und Stanisław Lem. Sie sind für diejenigen gedacht, die ihren Kopf gebrauchen und ihre Handlungen überprüfen wollen.“ Über www.inside-it.ch/post/die-parkbucht-des-karneades-20150317 kann man einen Anfang machen.